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"Schaut, der Penner hat einen Laptop!" Diesen Satz habe ich, während der Zeit wo ich auf der Place d'Armes, mitten im Zentrum von Luxemburg-Stadt geschlafen
habe, dutzende Male gehört. Die Leute müssen sich in eine Schublade einpassen lassen (zumindest in meinem Land) und von einem Obdachlosen wird erwartet, dass
er den Tag damit verbringt, Bier- und Weinflaschen zu leeren, jedermann zu belästigen, Lärm und Dreck zu machen, jedenfalls nichts von dem zu tun, von dem
angenommen wird dass es ausschließlich von den "normalen" Leuten getan wird. Mich jeden Tag mit meinem PC zu sehen — das war ein bisschen wie einem Außerirdischen
mit grüner Hautfarbe und langen Antennen, die aus seinem Kopf herausragen, zu begegnen. Sie machten Fotos die (zusammen mit hochintelligenten Kommentaren)
im Internet und auch in einigen Zeitungen auftauchten. Viele Leute waren eifersüchtig (eine nationale Krankheit), die meisten von ihnen waren wirklich der Meinung,
dass die Obdachlosen in Luxemburg massig Geld haben, die andern konnten nicht begreifen, wieso ich meine Knete ausgab, um Computer-Material zu kaufen. "Weird! But
cool!", wurde ich von vielen von der anderen Seite des großen Teiches genannt und mit den Scheinchen, die sie mir gaben, konnte ich Brot, Butter und Käse kaufen,
in der öffentlichen Badeanstalt meine Dusche nehmen, einmal pro Woche im Bahnhofs-Buffet zu Mittag essen, oder mein Geld sparen um einen 2TB Disk zur Systemsicherung
oder zum Musik- und Video-Abspeichern zu kaufen...
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Diese kleine Geschichte ist eine mehr als signifikante Beschreibung von mir selber und meinem aktuellen Leben. Mein Name ist Aly Lutgen; es ist von seinen
Anfangsbuchstaben, woher das Kürzel "allu" stammt, das ich zur Unterzeichnung meiner Programme und Artikel benutze. Ich bin ein Obdachloser, der zu einer Zeit
im Norden Luxemburgs geboren wurde, wo dieses Land noch ein kleines Paradies war und lebe seit 2009 auf der Straße, teils aus eigener Wahl, teils als Konsequenz
von der Art und Weise wie unser Sozialsystem (dys)funktioniert. Mit 16 Jahren bekam ich meinen ersten Computer (einen TRS-80 Level II) und ich begann mir das
Programmieren selbst beizubringen, zuerst BASIC, dann Turbo Pascal, später mit Hilfe von Perl-CGI und MySQL dynamische Webseiten mit Datenbanken zu erstellen.
Es ist erst seit 2016/2017, dass ich mit der Entwicklung von grafischen Anwendungen (unter MS Windows) begonnen habe; als Programmiersprache dazu habe ich
Lazarus/Free Pascal gewählt. Obdachlos zu sein hat weder mein Interesse noch meine Lust an der Informatik beeinträchtigt. Es ist wahrscheinlich (sehr) selten,
dass ein Penner den Tag damit verbringt, Computer-Programme zu schreiben (und sich abends, bevor er in seinen Schlafsack kriecht, Filme anzusehen). Aber, es gibt
keinerlei Grund, dass in der Straße leben nicht heißen kann, trotzdem ein irgendwie "normales Leben" zu leben. "Le clochard au laptop"
(Der Penner mit dem Laptop), werde ich manchmal genannt. Und ich denke, das ist genau das, was ich bin!
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